Umstrittene Tierversuche – Moderne Computermodelle übertreffen jede Labormaus...

Obwohl kosmetische Tierversuche seit 2013 im europäischen Raum verboten sind, werden in der Industrie und in der Medizin immer noch viele Millionen Testtiere jährlich verwendet. Diese Praxis ist nicht nur ethisch höchst bedenklich, sondern liefert auch unzuverlässige Resultate…

Im März 2013 hat die EU die Anwendung von Tierversuchen für kosmetische Zwecke verboten. Jedoch betrifft das Gesetz nur die Kosmetikbranche und damit nur einen sehr kleinen Teil der Millionen Tierversuche, die jährlich im europäischen Raum durchgeführt werden. Die meisten Versuche werden für die Chemieindustrie sowie für die medizinische und pharmazeutische Zwecke durchgeführt. Diese Branchen verteidigen die fraglichen Experimente immer noch, da sie für die Sicherstellung der menschlichen Gesundheit „unentbehrlich“ seien. So leiden und sterben jährlich Millionen Mäuse, Kaninchen, Meerschweinchen, Fische, Affen und andere Tiere an Medikamententests und anderen Versuchen. Aufgrund einer EU-Regelung von 2007 müssen zurzeit nicht nur alle neuen, sondern auch alle seit Jahren auf dem Markt befindlichen Chemikalien auf mögliche schädliche Wirkungen getestet werden. Zu diesem Zweck werden z.B. chemische Substanzen auf die Haut und sogar in die Augen der Tiere appliziert. Zudem soll die tödliche Dosis der Chemikalien ermittelt werden, indem die Tiere qualvollen Giftigkeitsprüfungen unterzogen werden. Deshalb ist nicht davon auszugehen, dass die Zahl der Tierversuche aufgrund der neuen EU-Regelung in Europa in naher Zukunft massgeblich reduziert wird.

Sind die Versuche wirklich unabdingbar für die menschliche Sicherheit und Gesundheit? Immer mehr Tests und Studien, sowie die Entwicklung neuer Methoden widersprechen diesem Argument. Die sogenannte Bioverfügbarkeit von Medikamenten, d.h. wie viel von einer Substanz vom menschlichen Organismus aufgenommen wird, testet man in der Regel an Versuchstieren. Lange Zeit war aufgrund fehlender Daten unklar, ob die Bioverfügbarkeit von Tieren tatsächlich auf diejenige des Menschen übertragbar ist. Nun hat Dr. Wolfgang Boomgaarden erstmals die Ergebnisse von Tausenden Versuchen systematisch erfasst und ausgewertet. Das Resultat zeigt, dass die Bioverfügbarkeit der Tiere in den meisten Fällen nicht mit derjenigen des Menschen übereinstimmt, sodass die Fehlerquote durchschnittlich hohe 30% beträgt. Boomgaarden hat indessen das Computermodell „IMPACT-F“ entwickelt, welches die Bioverfügbarkeit für Menschen mit einer Fehlerquote von nur 15% berechnet und damit viel exaktere Resultate als die Tierversuche erzielt. Weitere erfolgreiche Alternativen für die Tierversuche bestehen unter anderem in der Verwendung von Stammzellen oder künstlicher Haut. Moderne Methoden können Tierversuche also in vielen Fällen problemlos ersetzen und sie sogar in ihrer Effizienz übertreffen – deren Entwicklung wird aber leider immer noch zu wenig gefördert...

"Würde man Beobachtungen und Studien aus der täglichen Praxis Glauben schenken – eine Forderung die absolut logisch ist – wäre Asbest schon Jahrzehnte früher verboten worden."
Andreas Item, AG Schweizer Tierversuchsgegner


Verschiedene Beispiele zeigen, dass nicht nur bessere Alternativen für Tierversuche existieren, sondern dass diese auch zu gefährlichen Fehlschlüssen führen. Während vielen Jahren war z.B. die Verwendung der hochgiftigen Substanz Asbest in Bauten zugelassen, weil deren Ungefährlichkeit in zahlreichen Tierversuchen nachgewiesen wurde. Mittlerweile ist bekannt, dass Asbest für den Menschen eine stark gesundheitsgefährdende und krebsfördernde Wirkung hat…, und dass Labormäuse 300 Mal weniger empfindlich auf die Chemikalie reagieren als wir! Auch viele Medikamente, die nach Tierversuchen zugelassen wurden, mussten später aufgrund gefährlicher Nebenwirkungen wieder vom Markt genommen werden. So hat z.B. das inzwischen verbotene Arzneimittel Contergan bei Menschen Missbildungen hervorgerufen… „Der Mensch ist schliesslich keine 70 Kilo-Maus“, sagt Prof. Marcel Leist von der Universität Konstanz dazu. Der Toxikologe hält Tierversuche für veraltet: „Die Idee der Tierversuche stammt aus den 30er Jahren. Es wäre eine intellektuelle Bankrotterklärung, würde sich da nichts verändern.“ Die Akzeptanz für neue Methoden sei im akademischen Umfeld leider aber noch sehr gering, denn „die Ergebnisse von Tierversuchen sind immer noch höher angesehen, und es gibt Leute, die nichts anderes gelernt haben…“

Weiterführende Infos
AG STG: Aktionsgemeinschaft Schweizer Tierversuchsgegner
Medienmitteilung AG STG: Risiken von Asbest wurden jahrzehntelang nicht erkannt, 4. Juni 2013

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