Die Künstlichkeit von Kategorien – Neustudie zum Insektensterben

Das Insektensterben geht weiter. Das Insektensterben geht weiter.

Neuste Erkenntnisse zum Insektensterben bestätigen die kausale Verbindung zur Landwirtschaft und heben die Bedeutung landschaftlicher Zusammenhänge hervor.

Das Thema “Insektensterben“ und damit einhergehend der Verlust der Biodiversität sind seit einigen Jahren fest in die Umweltdebatten integriert. Dafür sorgte nicht zuletzt 2017 eine erschütternde Studie, die einen Rückgang von 75% der Biomasse von Fluginsekten in Naturschutzgebieten Deutschlands über eine Zeitspanne von 27 Jahren (1989 bis 2015) feststellte.

Eine erst kürzlich publizierte Untersuchung bestätigt diesen Trend, zeigt aber auch, wie selektiv solche Studien sein können.

Beschreibung der Studie

In der im renommierten Journal “Nature“ veröffentlichten Studie untersucht ein internationales Team Deutscher, Schweizer und Österreichischer Forschenden die Veränderungen der terrestrischen Arthropoden (Gliederfüsser: Insekten, Tausendfüsser, Krebstiere, Spinnentiere) in drei Regionen Deutschlands. Diese sind so gewählt, dass die Resultate auch für die Schweiz relevant sind.

Die Bedeutung der neuen Studie liegt in ihrem Umfang und ihrer Komplexität. Während die Studie von 2017 die Veränderungen der Biomasse aller Fluginsekten in Naturschutzgebieten untersuchte, befasst sich die neue Untersuchung mit verschiedenen Lebensräumen der Kulturlandschaft. Der aktuelle Nature-Artikel fasst dabei Daten von 2700 Arthropoden-Arten zusammen, die in Wald-, Wiesen- und anderen Landschaftsgebieten über 10 Jahre (2008-2017) gezählt wurden. Dabei konnte nicht nur die Biomasse, sondern auch ihre Diversität, Artenzahlen und Häufigkeiten erfasst werden. Dies ermöglicht Quervergleiche zwischen den Parametern und befugt zu detaillierteren Aussagen.

Erkenntnisse

Die bislang angenommene kausale Verbindung der Land- und Forstwirtschaft zum Insektensterben wird in der neuen Studie ausdifferenziert bestätigt. Durch die Einteilung in eine lokale und eine regionale Ebene, was einer Mikro- vs. Makro-Analyse gleichkommt, wird offensichtlich, dass nicht nur die direkten Einflüsse der Landwirtschaft den Rückgang einzelner Insekten generieren. Die Schäden, welche Insektizide, Düngungsmittel, Mähen und Pflügen von Wiesen und Feldern, und Veränderungen der Waldstrukturen den Habitaten verschiedenster Arten zufügen, werden klar belegt.

Überdies weist die Untersuchung auf die Zusammenhänge zwischen unterschiedlichen landschaftlichen Gebieten hin. Beispielsweise konnte in Wiesengebieten eine Kausalität zwischen nahegelegenen landwirtschaftlich genutzten Flächen und erhöhtem Artenverlust verzeichnet werden. Dieser Zusammenhang ist erheblich von der Ausbreitungsfähigkeit einer Art bestimmt.

Auf Wiesenflächen wurde durch nahegelegene Landwirtschaftsgebiete ein stärkerer Rückgang schwach dispergierender Arten festgestellt als von solchen, die sich einfacher verbreiten. In Waldgebieten nahm die Biomasse, Artenzahl und Häufigkeit stark dispergierender Arten ebenfalls ab, während die Biomasse und Häufigkeit sich schwach verbreitender Arten zunahm. Dieser Trend war jedoch geringer, je mehr Wiesenflächen in der Umgebung vorkamen.

Die Realität kümmert sich nicht um Kategorien

Daraus schliesst sich, dass die Interaktion der verschiedenen Landschaftsgebiete innerhalb eines regionalen Habitats einen nicht wegzudenkenden Einfluss auf das Vorkommen von Arthropoden-Arten ausübt. Für Untersuchungen wird zwar in Wald-, Wiese- und weitere Landschaftsgebiete kategorisiert, die Nature-Studie beweist jedoch, dass die einzelnen Gebiete in der Realität nicht voneinander abgekoppelt untersucht werden können. Der Lösungsansatz der Autorinnen und Autoren liegt folglich in Massnahmen gegen das Insektensterben, die über verschiedene Landschaften und Regionen national und international koordiniert angelegt sind.

Quellen und weitere Informationen
Nature - Studie 2019
PlosOne - Studie 2017
Birdlife - Insektensterben
BAFU - Biodiversität

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