Für die Bestäubung vieler Pflanzen sind Bienen unerlässlich. Etwa 80% der Nutz- und Wildpflanzen werden im deutschsprachigen Raum von den Bienen besucht, die damit deren Fortpflanzung sichern. Wie fleissig die Insekten sind, zeigt die Berechnung des volkswirtschaftlichen Nutzens: Laut Ökonomie-Experten liegt er weltweit bei 68 Milliarden Franken. Besorgniserregend ist daher der global beobachtete Rückgang von Bienenpopulationen.
In der Schweiz gibt es neben der domestizierten Honigbiene noch 600 einheimische Arten, die als Wildbienen zusammengefasst werden. Davon sind 45% vom Aussterben bedroht. Welche weitreichenden Folgen das Bienensterben hat, zeigt sich an der zentralen Rolle, die sie im Naturhaushalt übernehmen. Mit ihrer Tätigkeit als Bestäuber sind sie extrem wichtig für das lokale und globale Ökosystem sowie den Erhalt der Biodiversität.
Für das Bienensterben verantwortlich sind viele Faktoren: Der Klimawandel, Krankheiten, Parasiten und möglicherweise auch elektromagnetische Wellen. Die in der Landwirtschaft eingesetzten Insektizide, Herbizide und Fungizide schaden allesamt den Bienen. Vor allem lässt der Mensch seinen kleinen Helfern kaum noch Lebensraum. Nistmöglichkeiten werden verbaut und Nahrungsquellen werden durch Monokulturen und Urbanisierung immer knapper.
Doch zumindest beim Nahrungsangebot gibt es nun erfreuliche Neuigkeiten. Nachdem es in den USA seit rund 2 Jahren wieder erlaubt ist, Nutzhanf anzubauen, vergrössert sich die Anbaufläche zunehmend. Und immer öfter bekommen die Hanfpflanzen Besuch von Bienen. Bienenfans mögen sich jetzt darüber wundern, was genau die Tierchen anlockt, denn die Blüten des Hanfes produzieren weder duftenden Nektar noch schmücken sie sich mit farbenprächtigen Blütenblättern, auf die die Bienen normalerweise abfahren. (Auch fehlen den Bienen die Cannabinoid–Rezeptoren, weswegen ein Besuch zur Entspannung ausgeschlossen werden kann.)
Der Hanf ist nicht auf Insekten angewiesen, um seine Pollen zu verteilen, sondern nutzt die Windbestäubung. Die männliche Pflanze produziert daher sehr viel Pollen, damit gewährleistet ist, dass diese die weibliche Pflanze auch erreichen. Hier liegt des Rätsels Lösung: Die Pollen der Hanfblüten sind eine wertvolle Proteinquelle für die Bienen! Gerade in der Zeit der Hanfblüte sind viele anderen Kulturpflanzen, die den Bienen sonst als Nahrungsquelle dienen, nicht mehr in Blüte. Somit ist der Pollen des Hanfes eine willkommene Futteralternative im Spätsommer.
Forscher der Universität von Colorado sammelten auf den Hanffeldern im dortigen US-Bundestaat 23 verschiedene Bienenarten ein. Am stärksten vertreten war mit 30% die Honigbiene (Apis mellifera), gefolgt von Melissodes bimaculata (25%) und Peponapsis pruinosa (16%), zwei Bienenarten, die nur in Nordamerika vorkommen. Eine weitere Studie der Cornell University bestätigt die Beobachtungen. Im Bundesstaat New York wurden elf Hanffelder von kleinen Ackerflächen bis zu grossen Plantagen auf Bienenpopulationen untersucht. Überall wurden Bienen gesichtet, insgesamt 16 verschiedene Arten. Auch hier war die Honigbiene mit 60% am stärksten vertreten. Die Forscher erkannten eine Korrelation zu Grösse und Alter der Hanfpflanzen und der Anzahl der beobachteten Individuen. Besonders die grossen Exemplare der männlichen Pflanzen scheinen beliebt zu sein bei den Bienchen. An zwei Meter hohen Hanfpflanzen tummeln sich 17-mal mehr von ihnen als an den kleineren Gewächsen. Das ist ein weiterer Vorteil, denn Hanfsorten, deren Stängel für Textilindustrie, Biokraftstoffe oder andere Produkte verwendet werden, sind umso wertvoller, je länger ihre Fasern, sprich je grösser die Pflanzen sind. Daher sind diese Sorten möglicherweise am besten geeignet, zugleich auch die Bienenpopulationen zu stärken.
Grosser Hanf könnte also entscheidend sein, den Rückgang der Bienenpopulationen einzudämmen, folgern die Wissenschaftler. Sie befürchten jedoch, dass der Einsatz von Insektiziden zunehmen wird und so auch die Bienen bedrohen könnte. Wichtig seien deshalb Schädlingsbekämpfungsmassnahmen, die die Bestäuber schützen, trotzdem aber die Schädlinge in die Schranken weisen.
Bienenexperten gehen davon aus, dass diese Ergebnisse auf Europa übertragen werden können. Neben den vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten von Hanf könnte er also zudem einen wichtigen Beitrag zur Bienenrettung leisten. Eine Chance, die wir uns nicht entgehen lassen sollten!
Quellen und weitere Informationen:
Environmental Entomology: The Bee Community of Cannabis sativa and Corresponding Effects of Landscape Composition
University of Colorado: Bee diversity and abundance on flowers of industrial hemp
Bienen.ch: Wildbienen
Kommentare (0) anzeigenausblenden