Der Wolf in der Schweiz

Tier- und Naturschutzorganisationen freuen sich über die Rückkehr des Wolfes, sie stellt in ihren Augen einen Triumph für den Artenschutz und eine Bestätigung ihrer Bemühungen dar. Es gibt aber auch kritische Stimmen.

Verschiedene Gruppierungen – vornehmlich aus der Landwirtschaft und der Jagd – sind jedoch dem Wolf gegenüber ablehnend bis feindlich eingestellt. Für sie ist er eine Konkurrenz, wenn nicht sogar eine Bedrohung. Im Folgenden sollen einige Probleme, welche in Zusammenhang mit dem Wolf debattiert werden, zur Sprache kommen.

Der Wolf ist wieder zurück in der Schweiz.

Nach knapp 150-jähriger Abwesenheit konnten 1995 erstmals wieder auf Schweizer Territorium Spuren eines Wolfs der Unterart Canis lupus italicus nachgewiesen werden. Diese Unterart war im Verlauf des 20. Jahrhunderts stark bedroht und überlebte nur knapp dank weitreichenden Schutzmassnahmen.

Heute streifen auf Schweizer Gebiet nach Schätzungen des Bundesamts für Umwelt (BAFU) 10 bis 15 Wölfe umher. Eine Rudelbildung, welche zu einer Stabilisierung der Population führen würde, konnte bisher nicht festgestellt werden.

Der Wolf und die Nutztiere

Die Gesamtzahl der Schafe in der Schweiz hat sich seit 20 Jahren beinahe verdoppelt (von 250'000 auf 450'000 Tiere). Der Bund bezahlt Subventionen für die rund 250'000 gesömmerten Schafe. Für unbehirtete Schafe gibt es 120 Franken pro Grossvieheinheit und 100 Tage (1 Grossvieheinheit [GVE] entspricht 10 Schafen). Für Schafe, die sich auf Umtriebsweiden – also eingezäunten Weiden – befinden, gibt es 220 Franken pro GVE und für ständig behirtete Schafe bekommt der Halter 330 Franken pro GVE und 100 Tage.

Zusätzlich bekommen Halter Subventionen, wenn sie einen ausgebildeten Schutzhund zur Bewachung einsetzen. Pro Hund und Jahr erhält ein Besitzer zwischen 500 und 1000 Franken vom Bund für die Haltung des Hundes. Die Subventionen variieren je nach Dringlichkeit der Hundepräsenz.

Tierhalter – vor allem in den Bergregionen – möchten den Wolf wieder aus der Schweiz vertreiben, da er pro Jahr zwischen 100 und 150 Schafe reisst. Da die Schafe Herdentiere sind, sich in der Nacht dicht beieinander aufhalten und sich nicht ständig bewegen (wie dies Wildtiere tun), kommt es nicht selten vor, dass der Wolf mehr Tiere tötet, als er fressen kann.

Ein Schafhalter bekommt pro gerissenes Schaf zwischen 150 und 1600 Franken Entschädigung, abhängig von dessen Zuchtwert, Rasse und Alter. Wenn der Schafhalter das Fleisch verkauft, bekommt er hingegen pro Kilo Lebendgewicht zirka 4.20 Fr. Bei einem Körpergewicht eines Lamms von 18-25 Kilogramm hat der Halter also 75-105 Franken  Erlös. Somit „lohnt" es sich eigentlich für einen Halter finanziell, wenn ein Tier vom Wolf gefressen wird.

Herdenschutz

Nicht nur der finanzielle Aspekt zählt, es gibt für auch andere Gründe gegen den Wolf, die Schafhalter auflisten. So sind gewisse Tiere nicht sofort tot und leiden noch eine Weile an ihren Verletzungen, oder die Herde ist durch den Wolfsangriff (der sogar wiederholt erfolgen kann, hat der Wolf die leichte Beute einmal entdeckt) traumatisiert.

Deshalb werden für etwa die Hälfte der Schweizer Alpweiden Herdenschutzmassnahmen ergriffen. Diese reichen von einer einfachen Einzäunung über das Bewachen durch Schutzhunde bis zur ständigen Behirtung während der ganzen Sömmerung. Auf der anderen Hälfte der Alpweiden werden die Tiere jedoch während der ganzen Sömmerungszeit sich selbst überlassen. Dabei kommen jedes Jahr 8000 bis 12'000 Tiere durch Abstürze, Krankheiten, Stein- oder Blitzschläge ums Leben. Im Vergleich dazu ist der Anteil der Schafe, die vom Wolf gerissen werden also verschwindend gering.

Der Wolf und die Wildtiere

Auch seitens der Jäger bläst dem Wolf ein eisiger Wind entgegen. Diese monieren, dass der Wolf sie bei ihrer Jagdtätigkeit konkurriere und dass sie ihre jährlichen Quoten durch seine Präsenz herabsetzen müssten. Entgegen dieser Behauptungen konnte in keinem Gebiet, in welchem Wölfe schon länger ansässig sind, eine Verringerung der Wildpopulationen festgestellt werden. Die Tiere werden im Gegenteil robuster und schwerer.

Zudem zeichnet sich der Wolf bloss für 0,6% der unnatürlich zu Tode gekommenen Wildtiere verantwortlich. Sechs Mal mehr Tiere werden von Jägern angeschossen und anschliessend nicht gefunden.

Aktuelle Debatte

Zur Zeit darf ein Wolf abgeschossen werden, wenn er mehr als 25 (Nutz-)Tiere in einem Monat oder mehr als 35 Tiere in 4 Monaten reisst und die Risse von einem Experten als Wolfsrisse nachgewiesen werden können.

Im Herbst 2010 dabettierte der Nationalrat zahlreiche Motionen, welche den Schutz beziehungsweise die Aufweichung des Wolfsschutzes zum Thema hatten. Der Wolf ist durch die Berner Konvention geschützt, und dieser Schutzstatus soll aufgeweicht werden. Das Parlament hat den Schutzstatus des Wolfes indirekt zurückgestuft. Die Schweiz ist seit 1981 Mitglied der Berner Konvention, einem internationalen Übereinkommen zum Schutz bedrohter Arten. Gemäss einem Beschluss des Parlaments soll nun jeder Staat Vorbehalte gegen den Schutzstatus gewisser Arten anbringen können. Zudem sind weitere Motionen im Ständerat hängig, welche den Schutzstatus des Wolfes zurückstufen oder seinen Abschuss erleichtern möchten.

Nebst der Rückstufung des Wolfschutzes gab es auch Vorstösse, denen ein anderer Ansatz zugrunde liegt. Wie oben erwähnt, sind die Hälfte der gesömmerten Schafe unbehirtet. Dies führt dazu, dass viele Tiere abstürzen oder Krankheiten erliegen, Todesfälle also, die durch eine ständige Behirtung verhindert werden könnten. Zudem richten unbehirtete Schafherden in der lokalen Alpenflora und- fauna teilweise erhebliche Schäden an. Durch das ungelenkte Umherstreunen konkurrieren sie Wildtiere wie Gämsen und Steinböcke oder tragen durch Übernutzung zur weiteren Erosion ohnehin labiler Böden bei.

Diese alternativen Vorstösse wurden aber allesamt abgelehnt mit der Begründung, dass sie viel zu teuer und nicht umsetzbar seien, da gewisse Gebiete nicht für eine Behirtung geeignet seien.

Weiterführende Informationen: 
Wildtier Schweiz
Tierportrait Wolf (WWF Schweiz)
Wolf, Luchs und Bär zurück auf dem Weg in die Schweiz (Pro Natura)
Herdenschutz Schweiz

Copyright Tierpark Goldau

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