Das Vogelgrippevirus – Was bisher geschah Empfehlung

Eine neue mRNA-Impfung könnte in Zukunft grossflächig zum Einsatz kommen Eine neue mRNA-Impfung könnte in Zukunft grossflächig zum Einsatz kommen

Das Vogelgrippevirus kämpft sich immer wieder zurück und tötet jeweils Tausende von Wildvögeln und Hausgeflügel – und vermehrt auch Säugetiere. Eine neue mRNA-Impfung wird bald an Wildvögeln in Schweizer Zoos getestet und könnte später auch in der Hühner- und Trutenzucht eingesetzt werden.

Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV hatte im November 2022 schweizweite Bestimmungen angeordnet, nachdem das Vogelgrippevirus in einem Hobbybetrieb in Winterthur nachgewiesen worden war. Der Kontakt zwischen Wildvögeln und Hausgeflügel musste ab diesem Zeitpunkt bestmöglich verhindert werden, sodass Geflügel, auch aus der Freilandhaltung, vorübergehend nicht nach draussen durfte. Gleichzeitig wurde der Import von Geflügel und Geflügelfleischerzeugnissen aus Ländern mit Vogelgrippefällen verboten. In den letzten Wochen wurden in der Schweiz keinerlei Krankheitsfälle bei Wildvögeln mehr beobachtet, weshalb seit dem 1. Mai alle Massnahmen zur Vogelgrippe aufgehoben sind.

Die Grundlagen

Die Vogelgrippe, Aviäre Influenza oder auch Geflügelpest genannt entsteht durch das Influenzavirus A der Subtypen H5 oder H7. 1959 wurde der Ausbruch von H5N1 erstmals wissenschaftlich dokumentiert. Nach Wildvögeln sind vor allem Hühner und Truten von Vogelgrippeinfektionen betroffen. Wassergeflügel wie Enten oder Gänse erkranken hingegen eher selten und haben weniger deutliche Krankheitsanzeichen. Den Erreger können sie allerdings weiterverbreiten.

Die Symptome bei einer Erkrankung sind insbesondere Atemschwierigkeiten. Angesteckt werden die Vögel über die Atemwege und das Einatmen von kontaminierten Tröpfchen aus Nasen-, Rachen- oder Augensekreten. Virushaltiger Kot, beziehungsweise damit verunreinigtes Trinkwasser kann ebenso zur Ansteckung führen. Bei den Hühnern geht zudem die Legeleistung zurück, die Eierschalen werden dünn und der Kopfbereich schwillt an. Die Tiere wirken lethargisch. Eine Infektion mit der Vogelgrippe verläuft für die meisten Hühner tödlich. Bei Verdacht auf einen Krankheitsausbruch wird Geflügel aus verseuchten Beständen jeweils gekeult. Für grosse Geflügelbetriebe kann dies verheerende Folgen haben. Eine Legehennenaufzucht in Nordrhein-Westfalen musste aufgrund eines solchen Krankheitsausbruchs im Februar 120'000 Tiere töten.

Internationale Reichweite

Die Vogelgrippe ist ein globales Phänomen. Die erste Infektionswelle fand im Jahr 2006 statt, mit weiteren Ausbrüchen der H5N8-Variante in den Jahren 2014 und 2018. Damals waren die Ausbrüche jeweils zeitlich begrenzt. Zahlen der amerikanischen Seuchenschutzbehörde CDC zeigen jedoch, dass sich das derzeitige Virus das ganze Jahr über halten kann und seit Oktober 2020 weltweit über 70 Millionen Zugvögel der Viruserkrankung erlegen sind. Der Konsens ist daher, dass das aktuelle Vogelgrippevirus ansteckender und somit gefährlicher ist als in der Vergangenheit. Nur in Australien und in der Antarktis gab es bislang keine Erkrankungsfälle. Allerdings glauben Wissenschaftler, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis das respiratorische Virus auch Pinguinkolonien davonraffen wird.
Zwar ist nicht bekannt, ob alle der über 10'000 bekannten Vogelarten vom Virus betroffen sind, doch die Erkrankung wurde bis jetzt bei immerhin fast 100 verschiedenen Spezies nachgewiesen, von Singvögeln bis hin zu Adlern. Frühere Varianten des Vogelgrippevirus betrafen in der Schweiz vor allem Enten. Nun sind allerdings vermehrt auch Möwen betroffen, die weitere Strecken hinter sich bringen und das Virus daher in viele neue Gebiete weiterverbreiten.
Je nach Vogelart kann die Mortalität bis zu 100 Prozent erreichen. Problematisch ist dabei vor allem, dass sich H5N1 an die verschiedenen Regionen und Wirtspopulationen anzupassen vermag, sodass das Virus sich immer weiter optimieren kann. Allein seit dem letzten Oktober haben Forscher über 40 neue Virusvarianten entdeckt.

Übertragungen auf Säugetiere waren beim aktuellen Krankheitsausbruch vermehrt ein Thema. Über 100 verschiedene Säugetierarten haben sich mit dem Erreger angesteckt; meist waren es Raubtiere, die infizierte Vögel gefressen hatten. Besonders empfänglich für das Virus scheinen Robben und Seehunde zu sein. Grosse Zahlen von infizierten Tieren wurden in Populationen am Kaspischen Meer, in Peru oder auch im Nordosten der Atlantikküste aufgefunden.

Auch Menschen können am Virus erkranken, allerdings geschieht dies sehr selten und nur bei engem Kontakt mit erkranktem Geflügel, wie beispielsweise in einzelnen Gegenden in Asien oder Nordafrika. Um vom Tier auf den Menschen übertragen zu werden, muss sich das Erbgut des Virus zusätzlich verändern (mutieren). Patienten kämpfen mit schweren Atembeschwerden und grippeähnlichen Symptomen wie Fieber, Husten, Hals- und Muskelschmerzen, was mit antiviralen Medikamenten behandelt werden kann. Die Mortalität beim Menschen hat mit der Weiterentwicklung des Virus deutlich abgenommen. Ebenso ist die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung von Mensch zu Mensch verschwindend klein.

Die Sache mit der Impfung

Seit bereits 20 Jahren wird Geflügel in China mit einem Impfstoff gegen die Grippeviren H5 und H7 behandelt. Auch Betriebe in Indonesien, Südostasien und Ägypten immunisieren ihre Bestände mittlerweile gegen den Virus. Heikel ist hierbei insbesondere, dass sich kaum unterscheiden lässt, ob ein Tier geimpft oder mit dem Virus angesteckt wurde. Infizierte Tiere müssten aber vom Handel ausgeschlossen werden. Aufgrund dieser Problematik wurde in Europa bis anhin ein Impfverbot ausgesprochen.

Mit einer vom Schweizerischen Institut für Virologie und Immunologie des Bundes (IVI) entwickelten mRNA-Impfung könnte dies jedoch bald ändern. Für den Impfstoff wird ein harmloses Stomatitis-Virus als Hilfsmittel benutzt, mit dem Bestandteile vom tatsächlichen Vogelgrippevirus H5N1 in das zu impfende Tier übertragen werden. Optimal ist, dass hier klar zwischen Infektion und Impfung unterschieden werden kann, da jeweils nur ein Bruchteil des Virus im Impfstoff enthalten ist. Werden beispielsweise bei einem Test nicht in der Impfung enthaltene Proteine nachgewiesen, würde dies auf eine Infektion hindeuten. Einmal geimpft, vermehrt sich der Vektorimpfstoff nicht. Trotz genetischer H5N1-Bestandteile wird also ein Infektionsausbruch im Vogel verhindert. Auch haben Untersuchungen gezeigt, dass geimpfte Tiere ihre Artgenossen nicht mit dem Virus anstecken.

Der Impfstoff ist bisher mit Erfolg an Hühnern getestet worden. Bald sollen aber auch rund 600 Wildvögel aus dem Zoo Basel und dem Tierpark Dählhölzli die neue Vektorimpfung gegen die Vogelgrippe erhalten. Sind die Resultate vielversprechend, könnte nach Aufhebung des europäischen Impfverbots auch Nutzgeflügel im grossen Stil geimpft werden. Momentan sieht es nämlich nicht danach aus, dass unter den Wildvögeln bald eine Herdenimmunität erreicht werden könnte.

Quellen und weitere Informationen:
SRF: Grünes Licht für Impfversuch mit Wildvögeln im Zoo
MSD: Vogelgrippe
MDR: Das nahezu perfekte Vogelvirus H5N1
BLV: Vogelgrippe beim Tier 

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