Vogelarten wie der Steinkauz und der Waldrapp waren in der Schweiz äusserst seltene Gäste geworden – nun gibt es erste Anzeichen auf eine Erholung der Populationen. Intensive Förderungsmassnahmen auf lokaler Ebene und im nahen Ausland waren nötig, um strukturreiche und attraktive Lebensräume für die Vögel zu gestalten.
Der Waldrapp: Rückkehr nach 400 Jahren
Mit seinem im Sonnenlicht violett-grün schimmernden Federkleid, dem kahlen Kopf und der mutigen Punkfrisur hat der Waldrapp (Geronticus Eremita) etwas Kurioses, fast Ausserirdisches an sich. Den langen, gebogenen Schnabel setzt er geschickt in Erde und Schlick ein, um nach Kaulquappen, Würmern oder Larven zu stochern. Der Ibisvogel ist mit seinen 60 Zentimetern Grösse und 125 Zentimetern Spannweite ein durchaus stattlicher Vogel und kann ein Alter von bis zu 30 Jahren erreichen.
In Rümlang (ZH) hat sich kürzlich ein junges Waldrapp-Paar auf dem Fenstersims einer Harley-Davidson-Garage eingenistet, das vermutlich aus der Waldrappkolonie im deutschen Überlingen stammt. Die Zugvögel bilden im Normalfall zwar gerne Kolonien, einzelne Paare machen sich aber eben auch gleich einmal selber auf den Weg. Dass diese Vögel wieder in der Schweiz brüten ist bemerkenswert, denn die Waldrappe waren hierzulande seit dem 17. Jahrhundert ausgestorben. Es gibt Anzeichen dafür, dass der Waldrapp aufgrund seines Fleisches – angeblich eine Delikatesse – gejagt wurde. Seine Eier wurden ebenfalls nicht verschont. Ausserdem war er unter Sammlern beliebt, die ihn – vor allem als er seltener und damit kostbarer wurde – ausstopften und als Trophäe präsentierten. Dies besiegelte schliesslich den endgültigen Niedergang der Art.
Schweiz plant Waldrapp-Kolonie
Ausser in den drei mittels Handaufzucht gegründeten Kolonien in Deutschland und Österreich waren die Waldrappe in Mitteleuropa lange nur noch in Zoos aufzufinden. Weltweit sind sie ebenfalls als gefährdet eingestuft. Die meisten Exemplaren – etwa 2000 – leben in Zoos und Zuchtstationen oder als Teil von Auswilderungsprogrammen. Abgesehen von Marokko, wo noch ein paar Hundert Tiere sesshaft in der freien Wildbahn leben, fliegen die Waldrappe zum Überwintern erwartungsgemäss in die Toskana. Als Brutplätze mögen sie steile Felswände mit Nischen, die Schutz vor der Witterung und vor Fressfeinden ihrer Nachkommen bieten.
In der Schweiz gibt es für das Jahr 2024 konkrete Pläne für die Gründung einer ersten migrierenden Waldrapp-Kolonie. Sie soll in der Nähe des Tierparks Goldau entstehen.
Aufwertung des Habitats lockt Steinkauz an
Auch der 200g leichte, seltene Steinkauz (Athene noctua) ist zurück. Vom ursprünglich in der Schweiz brütenden Vogel waren vor rund 20 Jahren nur gerade 50 bis 60 Paare übrig. Während die Bestände im Süden und Südwesten der Schweiz seitdem auf 150 Brutpaare angewachsen sind, folgte jüngst auch die Rückkehr des Höhlenbrüters in die Nordwestschweiz, nachdem er regional 40 Jahre lang mit seiner Abwesenheit geglänzt hatte. Sein Aussterben konnte nur dank intensiver Förderungsmassnahmen unterbunden werden. Gemeinsam mit Partnerorganisationen im Elsass und in Baden-Württemberg haben die BirdLife-Verbände der Kantone AG, BL, BS und SO vor allem in grossflächige Lebensraumaufwertungen wie die Pflanzung neuer Hochstamm-Obstbäume sowie die Anreicherung mit Strukturen wie Ast- und Steinhaufen und Hecken investiert. Die Zusammenarbeit mit den örtlichen Landwirten und innerhalb der verschiedenen Sektionen war entscheidend für die erfolgreiche Wiederansiedlung. Über eine Million Franken wurden für das Projekt aufgewendet. Dies mag im ersten Moment zwar nach viel klingen. Die ergriffenen Massnahmen fördern allerdings auch viele andere Vogelarten wie den Gartenrotschwanz, den Wendehals und die Zaunammer sowie Zauneidechsen und Heuschrecken, die auf ähnliche Lebensräume angewiesen sind.
Der Bestand der Steinkauze hat sich seit dem Start des Projektes im Elsass wie auch in Baden-Württemberg verdrei- bis vervierfacht. Auch in der Nordwestschweiz stehen die Zeichen also gut, dass einer erfolgreichen Wiederansiedlung nichts mehr im Wege steht.
Der Umtrieb lohnt sich
Derzeit sind rund 50 Vogelarten in der Schweiz, darunter Uhu, Bartgeier und Auerhuhn, auf Artenförderungsprojekte angewiesen, die von der Schweizerischen Vogelwarte Sempach und BirdLife Schweiz sowie den Kantonen, dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) und unzähligen Stiftungen und Ehrenamtlichen unterstützt werden. Die genannten Beispiele zeigen schön, dass sich der enorme, langjährige Aufwand tatsächlich lohnt kann und Arten wieder zurückkehren, sobald der Lebensraum das neuerliche Brüten zulässt.
Quellen und weitere Informationen:
SRF: Nach 400 Jahren ist der Waldrapp zurück
BirdLife: Der Steinkauz ist zurück in der Nordwestschweiz!
Artenförderung Vögel Schweiz
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