74% der Schweizer Bevölkerung leben unterdessen im urbanen Raum. Mit jedem Atemzug gelangen Luftschadstoffe wie Feinstaub, Stickstoffdioxid oder Ozon in unsere Atemwege und die Lunge. Sie werden dort abgelagert und können kurz- oder langfristig Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Dass eine Begrünung entlang innerstädtischer Straßen die Luftverschmutzung verringern könnte, wissen wir schon länger. Forscher aus Karlsruhe, Birmingham und Lancaster haben nun in einer Studie ermittelt, dass diese Reduktion erheblich höher ausfällt, als bislang gedacht.
Schlechte Luft in den Städten
Nach einer Studie der WHO atmen die Menschen in Delhi die schlechteste Luft der Welt. Doch auch europäische Metropolen wie London brechen jährlich EU-Luftschadstoffnormen.
Hohe Häuserschluchten und enge Straßen mit viel Verkehr und langen Staus sind geradezu ein Nährboden für Luftverschmutzung. Belastete Luft kann nur schon wegen der hohen Gebäude kaum aus der Stadt entweichen. Wenn noch zusätzlich Windstille, Dürre oder eine Inversionswetterlage vorherrschen, kann dies zum sogenannten Smog führen.
Luftschadstoffe haben einerseits direkte schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit und die Umwelt. Andererseits tragen sie dazu bei, dass Menschen, Pflanzen und ganze Ökosysteme anfälliger auf andere Stressfaktoren wie Krankheitserreger, Parasiten oder Trockenheit reagieren. Nach dem Bundesamt für Umwelt trägt die Luftverschmutzung in der Schweiz jährlich zu 3’000 verfrühten Todesfällen bei.
Die grüne Rettung
Pflanzen könnten das schädliche Stickstoffdioxid (NO2) und den Feinstaub von Autoabgasen aus der Luft filtern. Bisherige Studien gingen allerdings davon aus, dass sie nur etwa ein bis zwei Prozent der Schadstoffe in Städten aufnehmen und verarbeiten können. Eine aktuelle Studie internationaler Wissenschaftler zeigt nun, dass Pflanzen wie Efeu und Gras sogar bis zu 30 Prozent aller Schadstoffe aus der Stadtluft herausfiltern können. Wegen der langen Verweildauer verschmutzter Luft zwischen den Häusern seien Pflanzen, die an den Häuserwänden angebracht sind, besonders effektiv, erläutert der Studienleiter Pugh im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dapd.
Die sogenannten Vertical Gardens, Green Walls oder lebenden Tapeten wurden vom französischen Gartenkünstler und Botaniker Patrick Blanc erfunden. Inspiriert von der Beobachtung, dass es Pflanzen gibt, die lediglich Wasser und Licht, aber keine Erde zum Wachstum brauchen, entwickelte Blanc ein spezielles Vlies aus Acryl und Filz. Dieses patentierte und mit Schlitzen versehene Textilgebilde wird dann an einem Gitter mit Abstand zur Wand befestigt. Die Schlitze werden anschließend mit Setzlingen, beispielsweise Gräsern, Kräutern oder Farnen, bepflanzt. Ein zwischen die Fassade und das Gitterwerk montiertes Bewässerungssystem gibt nach genauem Plan täglich Wasser ab und gießt so das vertikale Grün.
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Quai Branly Museum, Paris Quelle: wikimedia.org
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Vertikaler Garten, Madrid, von Patrick Blanc entworfen Quelle: flickr, Lauren Manning
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Begrünte Hauswand, durchaus àsthetisch Quelle: flickr, Kyle Pearce
https://umweltnetz-schweiz.ch/themen/umweltschutz/1819-vertical-gardens-gr%EF%BF%BD%EF%BF%BDnfl%EF%BF%BD%EF%BF%BDchen-in-der-stadt.html#sigProId169ea8113e
Doch ganz so einfach ist die Konstruktion einer solchen Wand nicht. Obwohl die Pflanzen ohne Erde auskommen, brauchen sie dennoch genügend Sonne für die Photosynthese, und im Winter dürfen die Pflanzen nicht erfrieren. Zudem hat eine solche „grüne“ Wand ein beachtliches Eigengewicht, welches wächst und nicht von jeder beliebigen Fassade getragen werden kann. Wer also ein grösseres Projekt plant, sollte sich an einen erfahrenen (Landschafts-)Architekten wenden.
Paul Giacomantonio ist ein solcher Architekt. Der Gartenvisionär aus San Francisco hat das Prinzip des vertikalen Gartens übernommen und zu einem geschlossenen System weiterentwickelt. Im Youtube Video wird gezeigt, wie dieses System funktioniert und welche Einsatzmöglichkeiten er für die lebenden Tapeten sieht.
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