Obwohl die Grenze, ab der Schall offiziell zu Lärm wird, zwischen 120 und 130 Dezibel liegt, kann das Gehör auch unter diesem Wert schon geschädigt werden. Alles, was über 60 Dezibel ist - also der normalen Gesprächslautstärke - kann bei längerer Zeitdauer zur Beschädigung des Ohrs führen.
Kuh- und Kirchenglocken, die diese Werte beide übertreten, wurden schon einige Male in den Medien diskutiert. Tierschützer und Langschläfer fordern ein Verbot, während Landwirte und Kulturbegeisterte die Tradition als schützenswert erachten. Wenn also alles über 60 Dezibel dem menschlichen Ohr schaden kann und wir Klage gegen Kirchenglocken einreichen, dann freuen sich die Kühe sicherlich auch nicht darüber, mit Fünf-Kilo-Glocken um den Hals herumzulaufen.
Die Problematik der Kuhglocken
Seit einigen Jahren wird in der Schweiz und auch in Bayern heiss diskutiert, ob und in welchem Ausmass Kuhglocken die Kühe schädigen. Tierschützer fordern ein Verbot, während die Landwirtschaft und Tourismusbranche klar dagegen sind. Eine Studie der ETH zeigte aber, dass Glocken einen Einfluss auf die Kühe haben: Die Fress- und Wiederkaudauer verringert sich durch das Tragen einer 5.5 kg schweren Glocke. Die Herzfrequenz wurde damit nicht verändert, doch ruhten und bewegten die Kühe ihren Kopf weniger. Da die Studie nur über 6 Tage geführt wurde, können keine abschliessenden und aussagekräftigen Folgerungen gezogen werden.
Die Landwirte begründen, dass die Glocken zum Schutz der Kühe da seien, damit sie bei Nebel oder beim Ausbruch aus dem eingezäunten Weideland wiedergefunden werden können. Tierschützer argumentieren, dass eine Glocke mit über 90 Dezibel (in der Studie verwendet) gleich laut ist wie ein Presslufthammer oder eine Motorsäge. Welche Auswirkungen dies auf das empfindliche Gehör der Tiere hat und inwieweit die Kühe das Geräusch nach einer Weile automatisch ausblenden, wurde noch nicht erforscht. Alternativ zum Gebimmel bietet sich ein GPS-Halsband an, mit dessen Hilfe die Kühe auf dem Smartphone geortet werden können. Fragt sich nun, ob dessen Strahlung gesünder ist und ob die Schweizer Alpen überall Netzempfang haben.
Die Präsidentin des Deutschen Tierschutzbunds in Bayern, Nicole Brühl, fasst die Debatte gut zusammen: Sie fordert ein "Verbot von Kuhglocken, wenn sie den Tieren nachweislich schaden. Rein aus Tradition einem Tier so etwas zuzumuten, ist völlig abzulehnen."
Kirchenglocken während der Nachtruhe
Endlich Wochenende und ausschlafen, aber dann wird man vom Gebimmel der Kirche geweckt? So ging es schon einigen Anwohner der Schweiz, die dann sogar Klage eingereicht hatten. Laut Bundesgericht liegt die Schwelle, ab der man möglicherweise aus dem wohlverdienten Schlaf gerissen wird, bei 60 Dezibel, normaler Gesprächslautstärke also.
Gesetzliche Lärmgrenzwerte für Kirchen gibt es keine, sie sollen einfach die Bevölkerung nicht stören. Die Ruhezeiten während der Nacht und an Sonn- und Feiertagen klingeln die Glocken aber trotzdem, weil das Bundesgericht die Tradition erhalten will.
Eine Studie der ETH hat auch dies erforscht und geschaut, wie viele Male die umliegenden Personen in der Nacht wegen dem Glockenschlag aufwachen. Das Resultat: Je lauter, desto öfters wachten die Studienteilnehmer auf. Eine Schwellengrenze wurde nicht festgelegt. Da die Studie mit nur 27 Personen durchgeführt wurde, sprechen die Resultate somit nicht für die ganze Schweiz. Deutlich wurde allerdings, dass Kirchenglocken eine grössere Lärmquelle darstellen als bisher angenommen wurde.
Ein Kompromiss wäre einfach: Die Glocken sollten zumindest die Nachtruhezeiten (22 bis 7 Uhr) einhalten und auf das Frühgeläut verzichten. So können sich die Glockenbegeisterten am Tag immer noch die Zeit ansagen lassen und wer nachts die Uhrzeit wissen möchte, kann auch auf das Display des Smartphones gucken...
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