In der Schweiz werden ein Drittel aller Treibhausgasemissionen durch den Verkehr verursacht. Dass dies nicht immer so war, zeigt ein Blick in die Vergangenheit: Durch die Motorisierung des Verkehrs schnellten die Treibhausgasemissionen der einzelnen Transportmittel massiv in die Höhe. Seit einigen Jahrzehnten nehmen die Emissionen der einzelnen Fahrzeuge nun wieder ab: Anfänglich aufgrund des zunehmenden Bewusstseins für die Auswirkungen der Luftverschmutzung; seit einigen Jahren auch dank der gewachsenen Sensibilisierung gegenüber der Erderwärmung. Trotz dieses punktuellen Fortschritts stiegen aber die Gesamtverkehrsemissionen aufgrund des Bevölkerungswachstums bis vor wenigen Jahren weiter an.
Erleben wir eine Trendwende?
Der Blick auf die jüngste Entwicklung der Verkehrsemissionen lässt vorsichtige Hoffnung aufkommen: In den letzten knapp zehn Jahren waren die Schweizer Gesamtemissionen aus dem Verkehr leicht rückläufig: Nachdem die Schweizer Emissionen an Treibhausgasen aus dem Verkehr im Jahr 2008 ihren Höchststand erreichten, nahmen sie bis 2019 um rund 11 Prozent ab. Damit sind wir wieder auf dem Niveau von 1990. Mit dem Verbrenner-Verbot, das ab 2035 den Verkauf von Autos mit Verbrennungsmotoren in der EU verbieten soll, wird diese Entwicklung weiter vorangetrieben werden. Bei anderen Transportmitteln wie den Schiffen und den Flugzeugen wird es noch etwas länger dauern, bis sich deren Umweltbilanz ebenso deutlich reduziert wie beim Auto.
Kürzere Wege
Die Nachhaltigkeit der Mobilität von morgen wird massgeblich davon mitbestimmt, mit welchen Verkehrsmitteln wir den Weg von A nach B zurücklegen. Diese Wahl ist wiederum stark abhängig von der Distanz zwischen Wohn- und Arbeitsort. Mit der zunehmenden Urbanisierung und der Möglichkeit zum Home-Office werden diese voraussichtlich kürzer werden – bis 2050 um rund 13%.
Die Verdichtung der städtischen Zentren führt dazu, dass der Besitz eines Autos in Zukunft für weniger Menschen attraktiv sein wird: Befinden sich Arbeitsstelle sowie ein breites Angebot an Dienstleitungsangeboten innerhalb eines kleines Radius, gewinnt der Langsamverkehr an Bedeutung. Ein Ausbau der Fahrradnetze ist deshalb dringend notwendig und wurde mit der Annahme der Velo-Initiative im Jahr 2018 auf den Weg gebracht. Aber auch der öffentliche Verkehr gewinnt an Bedeutung, denn in den dichten städtischen Zentren benötigen Autos verhältnismässig viel Platz. Es ist deshalb gut vorstellbar, dass in den nächsten Jahrzehnten einige Schweizer Stadtzentren auf den Autoverkehr verzichten und den freigewordenen Platz den Fussgängern, Velofahrern oder der Naherholung zur Verfügung stellen werden. Auf dem restlichen Stadtgebiet werden möglicherweise autonom fahrende Autos - die ebenfalls weniger Platz benötigen als herkömmliche Autos - eine wichtigere Rolle spielen. Die Digitalisierung bietet zusätzliche Chancen, die Mobilität nachhaltiger zu gestalten: Durch intelligente Systeme der Verkehrslenkung könnten etwa die Effizienz der Verkehrsnetze gesteigert oder Carsharing-Angebote optimiert werden.
Grosse Umbrüche prägen derzeit den Gütertransport. Die starke Zunahme der transportierten Ware führt dazu, dass die Strassen an ihre Kapazitätsgrenzen kommen. Deshalb sollen Transportgüter nun so oft wie möglich auf das bestehende Schienennetz oder gar unter die Erde verlagert werden. Ein automatisches Fördersystem (Cargo sous terrain) soll die Schweizer Städte unterirdisch verbinden und einen grossen Teil des Schweizer Warentransports übernehmen. Die erste Streckenetappe des Fördersystems zwischen Härkingen-Niederbipp und Zürich soll bereits 2031 in Betrieb gehen.
Und die Mobilität von übermorgen?
Die Waren sollen also zu einem grossen Teil in den Untergrund verlegt werden. Vergleichbare Pläne für den Personentransport hatten es in der Vergangenheit schwer: Metroprojekte scheiterten in allen Schweizer Städten mit Ausnahme von Lausanne. Ganz vom Tisch sind entsprechende Vorhaben aber dennoch nicht: Grosse Pläne hat die Interessengemeinschaft SwissMetro-NG. Sie will die Schweizer Städte durch ein unterirdisches Überschall-Streckennetz verbinden. Die Strecke zwischen Zürich und Bern soll dadurch beispielsweise in nur noch 12 min bewältigt werden.
Ähnliches haben verschiedene Forschungsorganisationen in der Schweiz vor. Sie arbeiten an der Entwicklung von sogenannten Hyperloops: In einer weitgehend luftleeren Röhre sollen Kapseln mit einer Geschwindigkeit von bis zu 1200 km/h befördert werden. Die Streckenführung von Hyperloops soll je nach Umgebung unterirdisch oder oberirdisch erfolgen. Auch eine Vernetzung mit anderen europäischen Städten ist vorgesehen, wodurch das an eine Rohrpost erinnernde Transportmittel eine attraktive Alternative zum Flugverkehr darstellen soll – nicht nur in Bezug auf die Geschwindigkeit, die etwa das Doppelte eines Flugzeuges beträgt, sondern auch in Bezug auf die Nachhaltigkeit. Die Verkehrsfachleute, die den Hyperloop für verkehrstechnisch, ökonomisch, sicherheitstechnisch und ökologisch sinnvoll halten, befinden sich jedoch in einer Minderheit.
Schon konkreter sind die Pläne für fliegende Taxis: Bereits im Jahr 2025 will das deutsche Unternehmen Lilium einen siebenplätzigen, elektrisch betriebenen Jet auf den Markt bringen, der wie ein Helikopter senkrecht startet und landet. Die Umweltbilanz dieses Transportmittels ist nicht so schlecht, wie man vielleicht annehmen würde. Aufgrund des hohen Energieaufwands bei Start und Landung kann es zwar auf kürzeren innerstädtischen Strecken mit der Konkurrenz nicht mithalten. Bei längeren Strecken ab 100 km und einer Auslastung von mindestens drei Personen schlägt seine CO2-Bilanz jedoch gar die des Elektroautos.
Bis Schweizerinnen und Schweizer in Flugtaxis zwischen den Städten verkehren oder für Meetings im Hyperloop nach Berlin oder London fahren, wird gewiss noch einige Zeit vergehen. Ob sie das überhaupt tun werden, bleibt insgesamt fraglich: Nicht zuletzt sind die Bestätigungen, inwiefern diese Transportmittel zur nachhaltigen Transformation unseres Verkehrssystems beitragen könnten, noch ausstehend. Schon grundsätzlich drohen durch schnellere Transportmittel – auch wenn diese deutlich ökologischer sind als das Flugzeug – immer Rebound-Effekte. Die preisgünstige und effiziente Möglichkeit, an einem Morgen für ein Meeting oder fürs Shopping schnell nach Berlin und zurück zu fahren, würde auch vermehrt ergriffen. Die CO2-Einsparungen durch den Ersatz des Flugzeugs könnten dann durch die hohe Zahl der Reisenden schnell wieder zunichte gemacht werden.
Welche der mannigfaltigen Pläne, Projekte und Entwürfe sich den Ansprüchen der Realität schliesslich gewachsen zeigen, bleibt demnach noch offen. Solche Visionen überhaupt zu entwickeln, ist gleichwohl wichtig: An ihnen mangelte es die längste Zeit.
Eine Reduktion der Reisezeit lässt sich derweil auch einfacher und früher erreichen: Indem wir in unseren Städten die Wege kurz halten und den entspannten Langsamverkehr aktiv fördern. Dies bleibt eine der effektivsten Massnahmen, um Treibhausgasemissionen einzusparen.
Quellen und weitere Informationen:
BAFU: Schweizer Gesamtemissionen aus dem Verkehr
BAFU: Zukunft Mobilität Schweiz
Swissloop
baublatt.ch: Hyperloop: Verkehrsfachleute zweifeln am Sinn des Verkehrsmittels
scinexx.de: Wie nachhaltig sind elektrische Flugtaxis?
Kommentare (0) anzeigenausblenden