Ernährungssicherheit: Meilenstein oder Lösung eines inexistenten Problems?

Befestigung der bisherigen Strukturen oder Förderung von ökologischem Fortschritt? Die Frage bleibt im Raum Befestigung der bisherigen Strukturen oder Förderung von ökologischem Fortschritt? Die Frage bleibt im Raum

Am 24. September stimmen wird ab, ob die Ernährungssicherheit in der Bundesverfassung verankert werden soll. Nicht ganz so klar wie die Fronten – die scheinbar nicht vorhanden sind – sind die Folgen des Entscheids.

Der Bundesbeschluss über die Ernährungssicherheit, dem wir am 24. September ein „Ja“ oder „Nein“ geben, entstand als direkter Gegenvorschlag zu der (mittlerweile zurückgezogenen) Volksinitiative „Für Ernährungssicherheit“ vom Schweizer Bauernverband. Diese Initiative forderte, der Bund solle die Voraussetzungen für die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln schaffen und fest in der Verfassung verankern.

Hintergrund der Initiative „Für Ernährungssicherheit“

Viele Konsumenten wünschen sich regionale Produkte und möchten diese auch konsumieren und damit fördern, stellt der Schweizer Bauernverband fest. Trotz dieser Entwicklung gingen die Landwirtschaftsflächen in den letzten Jahren zurück. Tiefe Einkommen und Druck aus dem Ausland wurden als wichtigste Begründungen für diese Entwicklung angeführt. Aufgrund dieser Entwicklung sank auch der Nettoselbstversorgungsgrad in der Schweiz um vier Prozentpunkte auf 54%.

Wie kam es zum Gegenentwurf?

Die Volksinitiative „Für Ernährungssicherheit“ vom Bauernverband richtete sich deshalb besonders auf die Sicherstellung der Inlandproduktion mit der Absicht, die konventionelle Landwirtschaft zu stärken und einheimische Produktion zu fördern. Von vielen Seiten – und auch vom Bund – wurde die zu starke Konzentration auf die Inlandproduktion kritisiert, während Umweltaspekte vernachlässigt würden. Deshalb kam es nun zum Gegenvorschlag, der das Anliegen des Bauernverbandes – eine Sicherstellung der Nahrungsmittelversorgung – zwar aufnimmt, aber ökologische und standortangepasste Komponenten stärker berücksichtigt. Als dieser Vorschlag am 14. März 2017 im Parlament mit grosser Mehrheit angenommen wurde, zogen die Initianten Ihre Ernährungssicherheitsinitiative zurück. Nun wird am 24. September über den Bundesbeschluss abgestimmt.

Was beinhaltet die Vorlage?

Der neue Verfassungsartikel soll die Voraussetzung für eine sichere, aber auch ökologische Versorgung schaffen und besteht aus fünf Pfeilern:

-          Sicherung der landwirtschaftlichen Produktionsanlagen (Kulturland und Know-How)

-          Standortspezifische, ressourceneffiziente Produktion

-          Stärkere Ausrichtung nach Kundenbedürfnissen (Marktorientierung)

-          Pflege der ausländischen Handelsbeziehungen unter Einbezug von wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Aspekten.

-          Sensibilisierung der Bevölkerung für den ressourcenschonenden Konsum.

Was bedeutet mein Ja/Nein?

Kritiker behaupten, die Initiative und die daraus hervorgegangene Verfassungsänderung könnte von den Bauern für die Abwehrschlacht von Marktöffnungen und als Sicherung von Subventionen genutzt werden. Wichtig ist es anzumerken, dass die Direktzahlungen über einen anderen Artikel in der Bundesverfassung geregelt und von der Abstimmung nicht tangiert werden. Grundsätzlich kann ein „Ja“ als Wunsch der Bürger nach einheimisch produzierten Produkten interpretiert werden. Der Entwurf des Bundesrates berücksichtigt aber auch, dass importierte Produkte wesentlich zur Ernährungssicherheit beitragen und beachtet ökologische Massnahmen zur Förderung einer ressourcenschonenden Produktion.

Eine Annahme des Bundesbeschlusses hätte keine direkte Gesetzesänderung zur Folge. Letztendlich geht es vielmehr darum, dass die Ernährungssicherheit in der Bundesverfassung verankert werden soll – unter der Berücksichtigung der oben genannten Aspekte. Bei vielen Wählern drängt sich aber auch die Frage nach der Interpretation von Floskeln wie „ressourceneffiziente Lebensmittelproduktion“ auf. Diese wird nämlich vom Bauernverband kaum gleich interpretiert wie beispielsweise von der Interessensallianz ökologische Landwirtschaft (BirdLife, Greenpeace, pro natura, WWF). Letztere sehen ein „Ja“ an der Urne als Appell an die landwirtschaftliche Produktion, die bestehenden „Umweltziele Landwirtschaft“ des Bundes zeitnah umzusetzen. Da der Beschluss scheinbar die Anliegen aller berücksichtigt, ist in den Zeitungen auch von einem „Urnengang ohne Gegner“ die Rede.

Weiterführende Informationen:
Medienmitteilung des Bundesrats
Medienmitteilung Allianz für eine ökologische Landwirtschaft
Medienmitteilung Schweizer Bauernverband

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