Zersiedelungsinitiative gehe zu weit
Im Nationalrat formierte sich letzten Donnerstag eine grosse Mehrheit gegen die Zersiedelungsinitiative. Sei zu unflexibel, überflüssig und weiteres, konstatierten die mehrheitlich bürgerlichen Stimmmeldungen.
«Die Initiative ist zu radikal. Die Abfuhr war dementsprechend mehr als klar.»
Thomas Egger, Nationalrat (CVP/VS)
Wichtige Aspekte wie die Förderung nachhaltiger Quartiere gingen dabei unter. Nachhaltige Siedlungen sind urbane Räume, die ungefähr 500 Personen Wohnraum bieten, mit einem lokalen Zentrum inklusive grosszügigem Grünraum und gleichzeitig dichter Bauweise; konkret sind diese ring- oder u-förmig angeordnet. Mit der Initiative würden die administrativen Hürden für solche nachhaltige Quartiere stark gesenkt (mehr dazu).
Auch das im Gegensatz zur Zersiedelungsinitiative bedarfsorientierte und bisher sehr mässig effektive Raumplanungsgesetz ist wie erwartet ein beliebtes Argument gegen die Initiative. Die Fakten sprechen hierzu jedoch eine klare Sprache und stellen dieses Argument ins Verhältnis:
«Das Raumplanungsgesetz schützt den Boden nicht genug ... Jeden Tag werden in der Schweiz acht Fussballfelder überbaut ... Hören wir endlich auf, den Boden zu opfern.»
Balthasar Glättli, Nationalrat (GP/ZH)
Ausserdem ist längst nicht alles Land innerhalb der Bauzone verbaut. Konkret darf noch eine Fläche so gross wie der Kanton Schaffhausen zubetoniert werden. Das Anliegen der Initiative von den Jungen Grünen ist es, diese Fläche nicht weiter zu vergrössern.
Die SVP verortet den Handlungsbedarf nicht bei einer nachhaltigen Planung unserer Bodenressourcen, sondern bei der Zuwanderung.
«Wenn wir in der Schweiz weniger Fläche verbauen wollen, dann müssten wir konsequenterweise bei der Zuwanderung ansetzen.»
Toni Brunner, Nationalrat (SVP/SG)
Die Antwort darauf liess nicht lange auf sich warten. Es sei vielmehr so, dass Gemeinden mit einer stabilen oder rückläufigen Bevölkerungsentwicklung munter einzonen und zersiedeln, entgegnet Bastien Girod (GP/ZH). In bevölkerungsreichen Gebieten wie Zürich hingegen würden keine Grünflächen mehr verbaut, sondern verdichtet gebaut.
Eine Kommissionsminderheit um Martin Bäumle (GLP/ZH) brachte einen direkten Gegenentwurf – «griffiger beim Bodenverbrauch, flexibler bei Umnutzung von bestehenden Bauten» – zur Abstimmung. Mit 146 zu 44 Stimmen wurde jedoch auch dieser deutlich abgelehnt.
Dass grundsätzliches Verständnis für die Problematik der Zersiedelung besteht, bewies sich an den stetig wiederholten Betonungen der Wichtigkeit und Schutzwürdigkeit unseres Kulturlandes. Hier wäre jetzt also nur noch der Graben zwischen Rhetorik und Handlungswillen zu überwinden.
Die Urne entscheidet
Es liegt nun an der Stimmbevölkerung, die Ernsthaftigkeit der Lage ins Auge zu fassen und abzuwägen, ob ein massvoller Umgang mit dem Boden im Sinne der Zersiedelungsinitiative notwendig ist. Die Abstimmung geht dann voraussichtlich im Februar 2019 über die Bühne.
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