Plastik. Flexibel, elektrisch isolierend, kostengünstig, wärmedämmend und wiederverwendbar… Oder: Plastik. Auf Erdöl basierend, brennbar, gesundheitsgefährdend und biologisch nicht abbaubar. Die Massenproduktion des Kunststoffes nahm ihren Anfang Ende des zweiten Weltkrieges; seither haben wir satte 8.3 Mrd. Tonnen davon produziert. Es mag erstaunen, dass es erst letztes Jahr zu einer weltweiten Analyse dessen kam, was zu unserer heutigen Plastikproblematik führte. Die Ergebnisse sollten aufrütteln.
Produktion, Verwertung und Wiederverwertung? Von wegen!
Die bisher in die Welt gesetzten 8.3 Mrd. Tonnen Plastik bescherten uns rund 6.3 Mrd. Tonnen an Plastikmüll (Stand 2015). Obwohl viele der Kunststoffe theoretisch wiederverwertbar sind, wurden lediglich 9 % des Mülls recycelt, 12 % wurde verbrannt. Die restlichen 79 %, sprich 4.9 Mrd. Tonnen, lagern jetzt auf Müllhalden oder in unserer Umwelt.
Fahren wir weiter wie bisher, würde gemäss der in der Fachzeitschrift ScienceAdvances veröffentlichten Studie unsere Umwelt im Jahr 2050 mit mehr als 13 Milliarden Tonnen Kunststoff belastet sein.
Die EU macht Hausaufgaben
Die im Januar 2018 veröffentlichte „Plastikstrategie“ ist Teil der Entwicklung hin zu einer stärkeren Kreislaufwirtschaft. Mit ihr will die EU das Design, die Produktion, die Verwertung sowie das Recycling von Plastikprodukten in den Mitgliedsstaaten umstrukturieren. Denn: Auch in der EU sieht es nicht besser aus; von den 26 Millionen Tonnen Plastikmüll wird nur ein kleiner Teil wieder- und weiterverwertet. Damit soll jetzt – beziehungsweise spätestens 2030 – Schluss sein, fordert Brüssel. Bis dahin sollen alle Kunststoffprodukte wiederverwertbar sein (und hoffentlich auch wiederverwertet werden?). Zudem sollen bis 2025 90 % aller Einwegplastikflaschen getrennt gesammelt werden; diskutiert wird diesbezüglich ein Einwegpfand, wie es in Deutschland bereits 2003 eingeführt wurde.
Im Mai dieses Jahres folgten konkrete Vorschläge für Verbote und Vorschriften. So sollen beispielsweise jene Plastikprodukte verboten werden, für die es bereits nachhaltigere Alternativen gibt. Das beträfe zum Beispiel Plastikteller, die zukünftig nur noch in der Variante Pappe zu kaufen wären. Weiter nennt die EU-Kommission Einmalprodukte, die stark reduziert werden sollen. Dahinter steckt eine Analyse des häufigsten Strandmülles: Besteck und Geschirr, Trinkhalme, Getränkerührstäbchen, Halter für Luftballons und Wattestäbchen. 70 % davon soll starken Regulierungen unterzogen werden. Weiter müssten sich Hersteller vermehrt an Infokampagnen und den Kosten für Müllsammlungen beteiligen.
Als Anreiz zu mehr Recycling wird überdies eine Abgabe der Mietgliedstaaten an die EU für nicht verwertete Plastikabfälle diskutiert.
Reine Symbolpolitik oder übers Ziel hinaus?
Kritik erntet die Plastikstrategie gleich von mehreren Seiten. Das wirtschaftsnahe Zentrum für Europäische Politik (CEP) kritisiert, die Vorschläge seien weit übers Ziel hinaus geschossen und würden die Wahlfreiheit des Konsumenten einschränken. Die Grünen im Europaparlament argumentieren hingegen, die Vorschläge seien zwar ein guter Ansatz, aber bei weitem nicht ausreichend. So werde beispielsweise die Reduzierung von Verpackungsmüll nicht ernst genug genommen. Rudy Koopmans, Leiter des Plastics Innovation Competence Center (Picc) moniert: Trinkhalme aus Plastik zu verbieten sei reine Symbolpolitik. Um das Plastikproblem zu lösen, brauche es eine bessere Infrastruktur für das Recycling und mehr Geld für die Erforschung nachhaltiger Kunststoffe.
Quellen und weitere Informationen:
ScienceAdvances: Production, use, and fate of all plastics ever made
Plastic Waste: a European strategy to protect the planet, defend our citizens and empower our industries
Röhrli aus Plastik zu verbieten, ist nur Symbolpolitik
Gender Roles: Plastic
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