Die Schweiz konnte im vergangenen Jahr ihre Klimaziele nicht erreichen. Dabei ist sie als Alpenland besonders stark von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen. Hierzulande bekommen bisher vor allem die Landwirtschaft und der Tourismus den Klimawandel stark zu spüren: Hitzetage, Trockenheit und Überschwemmungen nehmen zu, Schneemangel und Erdrutsche häufen sich.
Diese direkten Folgen des Klimawandels verursachen bereits heute hohe Kosten für das Gemeinwesen, die sich mit dessen ungebremstem Verlauf noch um ein vielfaches steigern würden. Es sind deshalb verstärkte Massnahmen nötig, wie das revidierte CO2-Gesetz sie vorsieht. Da eine Allianz aus Erdöl- und Autoindustrie das Referendum gegen das Gesetz ergriffen hat, steht es am 13. Juni zur Abstimmung. Was dieses vorsieht, stellen wir in Kürze vor.
Was sieht das CO2-Gesetz vor?
Der Bund plant im revidierten CO2-Gesetz mittels finanziellen Anreizen, Investitionen und technologischem Fortschritt den Klimaschutz anzuspornen. Dabei stehen der Verkehrs- und Gebäudesektor im Fokus.
Massnahmen im Verkehrssektor: Bisher war die Luftfahrt vom CO2-Gesetz ausgeschlossen. Dabei kann ein einziger Urlaubsflug die Atmosphäre stärker aufheizen als ein Jahr lang Auto fahren. Schweizerinnen und Schweizer sind extreme Vielflieger. Im Vergleich zu unseren Nachbarländern besteigen wir doppelt so häufig ein Flugzeug, denn fliegen ist extrem preisgünstig geworden. Die Flugticketabgabe soll diesem Trend entgegensteuern: Mit einem Aufschlag von 30 Fr. pro Flugticket für Kurz- und Mittelstreckenflügen und 120 Fr. bei Langstreckenflügen. Der Bund erhofft sich, dass mit den steigenden Flugticketpreisen weniger Menschen ins Flugzeug steigen. Auch für Geschäfts- und Privatjets gibt es neu eine Lenkungsabgabe: Je nach Distanz und Gewicht des Jets zwischen 500 und 3’000 Fr.
Die Emissionen auf dem Strassenverkehr werden ebenfalls angegangen, denn diese sind in den letzten Jahren nicht gesunken. Autohändler müssen deshalb bis 2025 effizientere Autos auf den Markt bringen. Konkret bedeutet dies, dass Personenwagen und Lieferwagen im Durchschnitt 15 Prozent weniger CO2 ausstossen dürfen als heute. Unter dieser neuen Massnahme wird weniger Benzin und Diesel verbraucht. Damit sinken die Ausgaben für Treibstoffe pro Kilometer, was, so der Bund, Autofahrerinnen und Autofahrer langfristig entlastet.
Das revidierte CO2-Gesetz erhebt wie bisher keine CO2-Abgabe auf Treibstoffe wie Benzin und Diesel. Wer Benzin und Öl importiert, muss aber die CO2-Emissionen dieser Treibstoffe zu einem grösseren Teil als bisher mit Klimaschutzmassnahmen ausgleichen. Ab 2025 müssen 20 Prozent der Treibstoffemissionen mit Projekten im Inland kompensiert werden. Dies bringt zusätzliche Investitionen in zahlreichen Branchen. Heute werden so beispielsweise klimafreundliche Projekte in den Bereichen Gebäuden, Industrie, Verkehr und Landwirtschaft gefördert.
Massnahmen im Gebäudesektor: In der Schweiz stehen 2,3 Millionen Immobilien, davon sind drei Viertel Wohnbauten. Auf das Konto des Gebäudebestands gehen ein Viertel der Treibhausgasemissionen der Schweiz. Das Parlament setzt deshalb im neuen CO2-Gesetz auch im Gebäudesektor an. Neubauten dürfen in Zukunft grundsätzlich keine CO2-Emissionen aus fossilen Brennstoffen mehr verursachen. Bei bestehenden Gebäuden darf dagegen weiterhin CO2 ausgestossen werden. Kommt es aber zum Heizungsersatz, gilt für den CO2-Ausstoss eine Treibhausgaslimite von höchstens 20 Kilogramm CO2 pro Quadratmeter Fläche. Alle fünf Jahre sinkt der Wert um 5 Kilogramm.
Gemeinsam mit der CO2-Abgabe auf Heizöl und Erdgas, welche bereits heute besteht, wird so ein Anreiz geschaffen, klimafreundlicher zu heizen. Diese Abgabe soll neu bis 2030 von einem Maximalsatz von 120 Fr. pro Tonne CO2 schrittweise auf bis zu 210 Fr. pro Tonne steigen. Wer die Öl- oder Gasheizung ersetzt und sich beispielsweise für eine Wärmepumpe oder Sonnenenergie entscheidet, kann finanzielle Unterstützung beantragen; zudem fallen so die CO2-Abgaben künftig weg. Durch die sinkenden Heizkosten können Mieterinnen und Mieter langfristig profitieren, so die Argumente des Bundes.
Nicht nur die Umwelt profitiert
Nebst den positiven Auswirkungen für die Umwelt profitieren auch die Bevölkerung und die inländische Wirtschaft. Denn zum einen gehen die Einnahmen der CO2-Abgabe wieder direkt an die Bevölkerung zurück: Zwei Drittel der Erträge werden gleichmässig aufgeteilt und über die Krankenkasse an jede Person zurückerstattet.
Ein anderer Teil der Abgaben, aufgestockt mit Einnahmen aus der Flugticketabgabe, fliesst in den Klimafonds. Dieser soll wiederum Klimaschutzmassnahmen wie die Sanierung von Gebäuden und Infrastrukturen sowie die Entwicklung neuer Technologien finanzieren. Zudem hilft er Gemeinden bei der Bewältigung der schädlichen Folgen des Klimawandels, die bereits heute zu spüren sind.
Zum anderen kann die Schweiz ihre Abhängigkeit vom Ausland reduzieren: Die Schweiz hat in den letzten zehn Jahren rund 80 Milliarden Franken für den Import von Erdöl und Erdgas ausgegeben. Dieses Geld fliesst ins Ausland ab. Mit dem CO2-Gesetz wird die Abhängigkeit von den ausländischen Erdölkonzernen reduziert und das Geld wird stattdessen in der Schweiz investiert.
Die Vorlage bietet zudem neu allen Firmen die Möglichkeit, sich von der CO2-Abgabe befreien zu lassen, solange sie in Klimaschutzmassnahmen investieren. Das generiert zusätzlichen Nutzen, weil sich damit einerseits Emissionen zugunsten der Umwelt, andererseits Kosten zugunsten der Unternehmen senken lassen. Die 50 grössten CO2-Emittenten hingegen zahlen wie bisher keine CO2-Abgabe. Diese Firmen nehmen stattdessen am Emissionshandelssystem der EU teil.
Wird das neue CO2-Gesetz abgelehnt, ist sicher, dass die Schweiz ihr im internationalen Pariser Klimaabkommen geleistetes Versprechen, ihren Treibhausgas-Ausstoss bis 2030 gegenüber dem Wert von 1990 zu halbieren, nicht einhalten kann.
Quellen und weitere Informationen:
UVEK: CO2-Gesetz
BAFU: Klimawandel in der Schweiz
WWF Schweiz: Flugverkehr
CO2-Gesetz jetzt
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