Wenn Tiere Städte planen würden
Wildtiere sind längst permanente Bewohner unserer Städte. Ihre Ansprüche werden in der Planung leider häufig aussen vor gelassen, obwohl einfache Massnahmen ihr Leben in unseren Städten vereinfachen würden.
Für viele Arten sind Siedlungsgebiete der einzige Lebensraum, der übriggeblieben ist. Ihre ursprünglichen Lebensorte wie beispielsweise das offene Grasland sind verschwunden und ihr einstiger Ersatzlebensraum, die Kulturlandschaft, hat sich ebenfalls stark verändert. So blieben ihnen schliesslich nur noch unsere Siedlungsgebiete übrig. Wie wir im Artikel zu den Tieren in der Stadt gelernt haben, wird auch dieser Lebensraum für viele Tierarten, wie etwa den Igel, zunehmend unwirtlicher.
Die sogenannten Kulturfolger sind uns in die Stadt gefolgt. Sie passten sich an ein Leben inmitten von Menschen an. Einige Tiere profitieren von dem neuen Lebensraum. In der Stadt sind einige Nahrungsquellen häufiger vorhanden als auf dem Land oder in ihrem ursprünglichen Habitat. So etwa Nektar und Pollen. Aufgrund der hohen Blütenvielfalt haben Bienen in der Stadt einen Vorteil bei der Futtersuche. Trotz des grossen Nektarangebots gibt es aber auch Bestäuber, die sich in der Stadt nicht so richtig wohlfühlen: So etwa der Schmetterling. Die Navigation in der sich ständig verändernden Umgebung fällt ihm schwer. Aber auch sehr viele andere Stadttiere fühlen sich trotz hohem Nahrungsangebot nicht ganz wohl in ihrem neuen Lebensraum: So etwa der Mauersegler. Früher nistete der Vogel in Baumhöhlen und Felsnischen. Als diese Lebensräume selten wurden, fand er in Mauerlöchern und Giebeln hoher Gebäude geeignete Ersatznistplätze. Heute entspricht die Bauweise den Ansprüchen von Mauerseglern an einen Nistplatz ganz und gar nicht mehr. Mauern und Dächer sind immer besser abgedichtet, komfortable Nischen gibt es so gut wie keine mehr. Auch alte Gebäude weisen diese wertvollen Habitate oftmals nicht mehr auf, da im Zuge von Renovationen alles versiegelt wurde.
Es kann viel getan werden, um unseren tierischen Nachbarn wieder ein angenehmeres Leben zu ermöglichen. Man kann etwa so renovieren, dass wertvolle Lebensräume nicht zerstört werden. Oder, wenn schon renoviert ist, Nisthilfen installieren. In Privatgärten gibt es zahlreiche Möglichkeiten, Tiere zu unterstützen. Dies kann durch das Ansähen von Wildpflanzen geschehen, die eine wertvolle Nahrungsquelle für Insekten sind. Oder aber auch durch das Bereitstellen von Strukturelementen wie Bäumen, Hecken oder Asthaufen.
Besonders in der Verantwortung stehen Stadt- und Raumplaner. Die Ansprüche von Tieren werden in der Planung oftmals vernachlässigt. Oftmals könnten sie jedoch ganz einfach, mit geringem finanziellen Mehraufwand und ohne ästhetische Abstriche berücksichtigt werden. Der Planungsansatz, der die Bedürfnisse der Wildtiere miteinbeziehen möchte, nennt sich Animal Aided Design (AAD). Anstelle die Ansprüche der Tiere aussen vor und ihr Überleben dem Zufall zu überlassen, werden diese gezielt miteinbezogen und das geplante Projekt aus der Sicht verschiedener Zielarten angesehen. Von sehr hoher Bedeutung ist das Einplanen von Wildtierkorridoren, auf denen sich die Tiere geschützt durch die Stadt bewegen können. Diese können durch Einbezug während der Planungsphase unter viel geringerem Aufwand realisiert werden, als wenn sie im Nachhinein eingebaut werden sollen. Wildtierkorridore sind nicht zwingend teuer. Tiere entdecken üblicherweise schnell, wenn etwa eine Astverbindung, eine schmale Rinne oder ein Tunnel ihnen ein ungefährdetes Queren der Strasse erlauben. Dergleichen gäbe es viele einfach umzusetzende Massnahmen, die das Leben unserer Kulturfolger einfacher machen würden.
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