Buch "Geboren für die grossen Chancen"
Der allgemeinen Weltuntergangsstimmung stellt Ullrich Fichtner mit seinem Buch ein kraftvolles Fanal der Zuversicht entgegen.
Von den apokalyptischen Vorahnungen rund um den Klimawandel oder den Ängsten vor der Künstlichen Intelligenz hält Ullrich Fichtner nicht viel. Der allgegenwärtigen Rede von Krisen hier und Gefahren da möchte er Entwicklungen und glaubwürdige Möglichkeiten entgegenhalten, die wieder Lust auf die Zukunft machen. In seinem Buch verspricht der renommierte Spiegel-Reporter den heutigen und kommenden Generationen dementsprechend grosse Chancen: Auf eine gesündere, bessere Welt, auf Paradigmenwechsel und sich steigernde Lebensqualität. Glauben wir ihm das?
Zum Ersten können wir ihm schon einmal zu Gute halten, dass er das Versprechen, in seinem Buch werde weder schöngefärbt noch gejammert, voll erfüllt. In diesem Sinne unternimmt er gleich zu Beginn eine in der Sache nüchterne, aber angenehm beredte Bestandsaufnahme der anstehenden Aufgaben und Herausforderungen. Dabei startet er gleichzeitig die Berichtigung unseres Geschichts- und Weltbildes als keiner geradlinigen Kausalkette, sondern einer Entfaltung komplexer Wechselbeziehungen: Eine Sichtweise, der speziell auch in ökologischen Fragestellungen grosse Bedeutung zukommt. Gleichwohl gelingt es ihm auch in der darauf folgenden Erkundung der absehbaren Entwicklungen und Technologien munter vorwärts zu erzählen. Bei aller Zuversicht – etwa betreffs der Fortschritte der erneuerbaren Energien, der medizinischen Versprechen der Gentechnologien oder der sozialen Wirkungen der Digitalisierung und KI – bleibt er kritikfähig. Dies insbesondere gegenüber dem Credo des „Weiter so“: Seine Absage an Wegwerfgesellschaft und Konsumseligkeit ist deutlich. „An der Grenze zwischen Heute und Morgen“ forscht er nicht nur nach den vielversprechenden Technologien und neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen, sondern auch nach den Ansätzen sozialer und mentaler Umbrüche und einem Systemwandel. Den Paradigmenwechsel zum Leben in und mit der Natur sieht er – trotz aller widerständigen Bewegungen – als gleichsam vorprogrammiert.
Glauben wir ihm also? Jein… Auch wenn uns Ullrich Fichtners weniger problem- als lösungsorientierter Ausblick auf die Zukunft höchst willkommen ist, bleibt halt die Erfahrung, dass neue Lösungen gern wieder neue Probleme nach sich ziehen. Auch vertraut er verschiedentlich auf eine Veränderung der menschlichen Grundverfassung – hin zu mehr Improvisationslust, Verantwortung und Gemeinschaftssinn –, an deren unausweichlichem Aufschwung wir zumindest noch unsere Zweifel haben. Doch das ändert nichts daran, dass wir sein Buch als ungemein wertvoll erachten. Zum einen, da er sich all dieser Einwände durchwegs bewusst ist, sie bespricht und dann doch ein gutes Stück darüber hinaus zielt: Dahin, trotzdem handlungsfähig zu bleiben, Mut zu fassen und sich nach den Chancen statt den Hindernissen auszurichten. Sein Buch atmet diese Zuversicht in Ton und Inhalt so ansteckend, dass wir uns seine weite Verbreitung nur wünschen können.
Autor | Ullrich Fichtner |
Verlag | DVA |
Umfang | 311 Seiten |
ISBN | 978-3-421-07015-9 |
Preis | Fr. 32.90 (UVP) |
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