Pedosphäre – versinken in der Welt der Moore
Moore sind schützenswerte Ökosysteme – sie haben ein hervorragendes Kohlenstoff-Speicherpotenzial und sie bieten wertvolle Lebensräume. Dennoch werden Moore bis heute durch den Torfabbau stark beschädigt.
Moor werden jene Böden genannt, bei denen es durch Wasserüberschuss zu einer Anhäufung von organischen Substanzen von mindestens 30 Zentimeter Mächtigkeit gekommen ist. Diese organische Schicht enthält einen Mindestanteil von über 30 Prozent organischer Substanz und wird Torf genannt. Torf besteht aus Überresten von Moorpflanzen, die nicht komplett zersetzt wurden. Die unvollständige Zersetzung ist auf die anaeroben – sauerstoffarmen – Bedingungen infolge der Wassersättigung zurückzuführen. Torf wächst jährlich zwischen 0,5 und 1,5 Millimeter zu. Der in den Pflanzen enthaltene Kohlenstoff wird im intakten Moor langfristig gebunden.
Das Ökosystem Moor
Moore haben einen prozentuellen Anteil der terrestrischen Erdoberfläche von etwa 3 Prozent. Sie sind hervorragende Kohlenstoffspeicher: Mit 600 Milliarden Tonnen gespeichertem Kohlenstoff, bergen sie doppelt so viel davon wie alle Wälder der Erde – Wälder bedecken derweil rund 27 Prozent der irdischen Landflächen. Werden Moore also zerstört und entwässert, setzen sie dieses gespeicherte CO2 und Lachgas frei – sie tragen dann zur Klimaerwärmung bei. Trockengelegte Moore machen zwar nur ein halbes Prozent der weltweiten Landflächen aus, dennoch emittieren sie gut vier Prozent aller durch den Menschen verursachten Treibhausgase.
Moore sollen aber nicht nur aus diesem Grund unweigerlich geschützt und möglicherweise auch wieder vernässt werden; sie erfüllen eine Reihe an weiteren wichtigen Funktionen. Moore bieten einer Vielzahl von Tier- und Pflanzenarten wertvolle Lebensräume. Zudem helfen sie, Überschwemmungen abzuschwächen: Ein Hektar Feuchtgebiet hält bis zu 5,6 Millionen Liter Hochwasser zurück. Dazu agieren Moore als Filter und dienen u.a. der Grundwasserneubildung.
Doch nicht alle Moore sind gleich. Die Feuchtgebiete werden grundsätzlich in zwei Hauptkategorien unterteilt; die Nieder- und Hochmoore.
Niedermoore
In feuchten Mulden, Flussniederungen oder auch an Hängen im Bereich von Quellwasseraustritten sowie in verlandenden Seen entstehen, die von Grundwasser ernährten Niedermoore. Weil sie vom Grundwasser gespiesen werden, können sie auch in niederschlagsarmen Gegenden vorkommen. Im Allgemeinen sind Niedermoore auf Grund ihres vergleichsweise hohen Nährstoffgehalts und höheren pH-Werts (zwischen 3,5 und 7,0 – sauer bis neutral) artenreicher als Hochmoore – sowohl in Flora als auch Fauna. Durch unterschiedliche Standorte, Feuchtigkeitsgrade und Kalkgehalte entstehen unterschiedliche Lebensraumtypen. Aber auch die Qualität resp. Quantität des Grundwassers beeinflusst die Chemie der Niedermoortorfe, wodurch die Vegetation dementsprechend variiert.
Durch den vom Sauerstoffmangel gehemmten Abbauprozess der abgestorbenen Pflanzen ist die Stoffproduktion der Moorpflanzen höher als ihre Zersetzung. Im Grundwasser werden die Pflanzenreste angesammelt, woraus allmählich Torf entsteht. Diese Torfschicht bildet sich direkt auf dem Mineralboden und kann temporär auch trockenfallen.
Da Niedermoore stehts in Kontakt mit dem nährstoffreichen Grundwasser bleiben, wachsen sie nur spärlich in die Höhe.
Bei Entwässerung können solche Standorte als Wald, Dauergrünland und sogar als Ackerland genutzt werden. Dennoch sollte eine Nutzung unterbleiben. In der Schweiz stehen heute 1335 Niedermoore von nationaler Bedeutung unter Schutz. Dennoch werden Niedermoore hierzulande extensiv landwirtschaftlich genutzt – diese Nutzung ist umweltverträglicher als die intensive Nutzung. Laut dem BAFU sei sie für die meisten dieser Moore erforderlich.
Übergangsmoor
Das Übergangsmoor beschreibt das Übergangsstadium der Entwicklung vom Nieder- zum Hochmoor. Es kann auch vorkommen, dass sich seine Vegetationen mosaikartig aus typischer Nieder- und Hochmoor-Flora zusammensetzt. Grundsätzlich wird der Einfluss des Grundwassers, der in den Niedermooren essenziell ist, durch das Torfmoose-Wachstum abgemildert. Dadurch bildet sich der Übergangsmoortorf und die Mooroberfläche wächst langsam über den Grundwasserhorizont hinaus. Bis der Torf über Jahrzehnte oder Jahrhunderte schliesslich keinen Kontakt mehr zum Grundwasser hat und sich ein reines Hochmoor entwickelt. Vor allem im atlantisch geprägten Nordwesteuropa – mit seinem ozeanischen Klima – findet der Übergang (vom Nieder- zum Hochmoor) vergleichsweise rasch statt. Das atlantische Klima bietet günstige Bedingungen für das Wachstum von Torfmoosen. Trotzdem dauert der Übergang auch in solchen Gebieten Jahrhunderte bis Jahrtausende.
Hochmoore
Wie eben erwähnt entstehen Hochmoore nur sehr langsam und nur in Gebieten mit einer positiven Wasserbilanz – die Verdunstung muss weniger als der Niederschlag betragen. Deshalb haben Hochmoore auch einen eigenen Wasserhaushalt. Ihre Nährstoffe und Flüssigkeit erhalten sie einzig durch Regenwasser. Dies macht sie zu sehr nährstoffarmen Lebensräumen, weswegen diese Moore nur spezialisierte Tier- und Pflanzenarten beherbergen. Weiter führt auch der geringe pH-Wert der Hochmoortorfe zu einer geringen Artenvielfallt. Intakte und ungestörte Hochmoore operieren als natürliche Wasserspeicher und absorbieren grosse Mengen an Kohlendioxid.
In der Schweiz sind heute alle 551 Hochmoore von nationaler Bedeutung komplett geschützt. Da viele Hochmoore durch frühere Nutzung – insbesondere durch den Torfabbau – beschädigt wurden, sind Regenerationsmassnahmen erforderlich. Grundsätzlich benötigen intakte Hochmoore jedoch keine Pflegemassnahmen.
Torfabbau
Schon die alten Römer betrieben Torfabbau in Mittel- bis Nordeuropa. Getrockneter Torf bewährte sich dank seiner Brennbarkeit durch den hohen Kohlenstoff-Anteil als hervorragendes Heizmittel. Aus Torf entsteht zudem über Millionen von Jahren zuerst Braunkohle, bis diese sich fortschreitend in Steinkohle verwandelt. Die Inkohlung – der natürliche Prozess der Kohlenentstehung – geschieht nur im grossen Druck, den hohen Temperaturen und der dauerhaft anaeroben Umgebung im Erdinnern.
Weiterhin eignet sich Torf optimal für die Pflanzenzucht. Einerseits durch seine stabile Struktur, andererseits, weil Torf weitgehend frei von Krankheitskeimen ist. Zudem ist das Material ein guter Speicher von Luft und Wasser und gibt diese angesichts der zahlreichen Poren auch wieder ab. Gleichzeitig wird durch den Torfabbau jedoch das im Moor langfristig gespeicherte CO2 freigesetzt.
Seit 1987 darf in der Schweiz kein Torf mehr abgebaut werden – erst aus Gründen des Landschaftsschutzes, indessen auch im Gedanken des Klimaschutzes. Trotzdem wird Torf hierzulande auch heute noch zu oft eingesetzt – insbesondere für die Beeren- und Gemüseproduktion sowie für Zierpflanzen und -hölzer. Auf Grund dieses Überkonsums importiert die Schweiz jährlich bis zu einer halben Million Kubikmeter Torf. Dadurch tragen wir zur Zerstörung von Mooren im Ausland bei. Oft geschieht das jedoch unwissentlich: Wer in der Schweiz Kräuter oder Blumen im Topf kauft, fördert den Import. Rund 11 Prozent des importierten Torfs, wird für das Substrat in den Töpfen von Zierpflanzen verwendet. Geschätzte weitere 16 Prozent werden Setzlingen – mehrheitlich für den Gemüsebau – angerechnet.
Die Importware stammt zum grössten Teil aus Europa. Der Torfabbau beträgt in Europa rund 7406 Kilotonnen, der Verbrauch summiert sich aus 6772 kt (Datenzeitraum: 2013 bis 2017). Damit stammten 72 Prozent der ca. 10 Millionen Tonnen Torf, die weltweit jährlich für die Produktion von Erde und Substraten abgebaut werden, aus Europa.
Heute gibt es einige Alternativen zu Torf, welche zur Verbesserung der Bodenqualität beitragen. Solche Ersatzstoffe sind beispielsweise Rinderkompost, Holzfasern oder Torfmoos – sämtliche weisen eine bessere CO2-Bilanz auf. Bei entsprechender Kombination kann die Treibhausgase-Bilanz bis zu 97 Prozent sinken.
Jeder soll zum Schutz der Moore beitragen
Zum Schutz der Moore ist vor allem darauf zu achten, beim Einkaufen auf Produkte zu verzichten, die Torf beinhalten oder benötigt haben. So sollte beim Einkauf von Topfpflanzen und Setzlingen auf ein «torffrei»-Label geachtet oder nach dem Torfgehalt gefragt werden. Im Garten kann der Anbau von einheimischen Pflanzen (die keine sauren Torfsubstrate benötigen, da sie auf unsere eher kalkhaltigen, alkalischen Bodenverhältnisse angepasst sind) dem Torfabbau entgegenwirken.
Gemüsearten wie etwa Karotten, Spinat und Rettich, die nicht als Setzlinge ins Feld gepflanzt werden, werden torffrei produziert. Ausserdem darf Biosuisse-zertifiziertes Gemüse höchstens 70 Prozent Torf im Anzuchtsubstrat – also der Erde, in der die Setzlinge herangezogen werden -aufweisen. Biosuisse-zertifizierte Beeren werden komplett torffrei produziert. Ganz abgesehen davon, dass intakte Moore wesentlich zum Klima- und Biodiversitätsschutz beitragen, bieten sie ein malerischen und eindrucksvollen Natur- und Wandererlebnis, dass uns ihren Schutz auch bereits Wert sein kann.
Buch; Nestroy, Othmar: Den Boden verstehen
MoorIS: Was sind Moore?
BAFU: Immer noch zu viel Torf in Schweizer Gärten
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