Geht Beton doch umweltfreundlicher?

Einer der grössten Klimasünder ist die Betonindustrie. Doch muss es auch so bleiben? Nicht unbedingt – mit «grünem» Zement hoffen Forschende nun auf den «Grünen Wandel in einer grauen Industrie».

Geht Beton doch umweltfreundlicher?
Kann Beton „grün“ werden? (Jean-Pierre Pellissier, Pixabay)

Beton ist das weltweit meistverwendete Baumaterial. Beton ist sogar zum Teil wiederverwendbar und kann Kohlendioxid beim Aushärtungsprozess aus der Atmosphäre binden. Trotzdem übersteigt die Menge an CO2, die während der Herstellung ausgestossen wird, bei weitem jene, die später wieder gebunden wird. So verursacht die Betonindustrie rund acht Prozent der globalen CO2-Emissionen – mehr als der Schiff- und Luftverkehr zusammen.

Was ist Beton?

Erstmals wurde der Begriff «Beton» in einem Architekturbuch aus dem 18. Jahrhundert verwendet. Doch bereits die Römer haben mit Sand und einem Gesteinsgemisch ihre Bauten stabilisiert.
Beton ist eine Mischung aus Wasser, Gesteinskörnern und dem Bindemittel Zement. Traditioneller Zement besteht grösstenteils aus gebranntem Kalkstein und Ton. Für seine Herstellung werden die Bestandteile in einem Ofen bei 1450 Grad zu sogenannten Zementklinkern gebrannt, die danach zu dem bekannten grauen Pulver zermahlen werden. Durch die chemische Zersetzung des Kalksteins wird CO2 freigesetzt, und für den Brennprozess wird eine enorme Menge an Energie gebraucht: Pro Tonne Klinker entsteht etwa eine halbe Tonne Kohlendioxid. Um die Umweltbilanz von Beton steht es also schlecht.

«Ultra-grüner Beton»

Bei dem Projekt «Limestone Calcined Clay Cements» wurde eine neue Zementformulierung entwickelt. Diese verwendet im Herstellungsprozess zusätzlich Lehm und Gips, wodurch der Anteil am emissionsreichen Zementklinker stark reduziert wird. Im Vergleich zum traditionellen Zement soll der LC3-Zement die CO2-Emission um rund 40 Prozent reduzieren.
Um die Formulierung von Beton weiter zu verbessern und damit die Umweltvorteile zu erhöhen, schaltete sich das UGC-Projekt von Franco Zunino der ETH-Zürich ein: Für den neuen, grünen Zement soll nicht nur der Klinkeranteil reduziert werden, sondern gleich auch die Gesamtmenge des Zements im Beton.

«Ideal wäre es, beides gleichzeitig umzusetzen, die einzelnen Komponenten sind jedoch unabhängig voneinander. In einigen Märkten ist es möglicherweise schwierig, beide Aspekte der Doppelstrategie gleichzeitig umzusetzen, da Produktionskapazitäten und Infrastruktur aufgebaut werden müssen. Dennoch besteht die Möglichkeit, zumindest einen davon zu realisieren und trotzdem CO2 einzusparen.» - Franco Zunino

Dieser «ultra-grüne Beton» würde laut Berechnungen den CO2-Ausstross von 300 kg CO2 pro Kubikmeter auf etwa 80 bis 100 Kilogramm verringern; es könnten also bis zu zwei Drittel der Emissionen eingespart werden. Wichtig: Die Leistung des Materials bliebe dabei dieselbe.
Vorsichtige Schätzungen ergaben ausserdem, dass zwei Prozent der weltweiten Emissionen durch den Austausch mit LC3-Zement eingespart werden könnten – ohne, dass weniger Beton verbaut wird.
Franco Zunino meint deshalb, dass es keinen Vorwand für industrialisierte Länder gäbe, nicht sofort auf das neue, nachhaltigere Baumaterial umzusteigen. Auch aus finanzieller Sicht seien die Anreize gross; der «grüne» Beton sei kostengünstiger als die herkömmliche Variante, da der Anteil am teuren Bestandteil – Zement – tiefer ist.

Doch wird sich wirklich etwas ändern?

Wie bereits erwähnt, sind die Vorteil des «ultra-grünen Beton» gross. Jedoch gab es bereits so manche Idee zu einem klimafreundlicheren Beton. Davon umgesetzt wurde bisher praktisch nichts. Die Betonindustrie gilt daher auch als nicht besonders innovativ, denn traditioneller Beton hat sich – auf Grund seiner Sicherheit, Kosteneffizienz und Bedienungsfreundlichkeit – lange bewährt. Es bleibt also abzuwarten, ob die Industrie endlich den Schritt – vielleicht sogar mit dem Ansatz von Franco Zunino – in eine umweltfreundlichere Richtung wagt.

Quellen und weitere Informationen
ETH: Grüner Wandel in einer grauen Industrie