Die alte Sehnsucht nach dem Grün

Städtischen Grünflächen wurde bereits im Mittelalter ein hoher Stellenwert beigemessen: Der Blick in die Vergangenheit kann uns bis heute zu kreativen Lösungen inspirieren.

Die alte Sehnsucht nach dem Grün
Auch in mittelalterlichen Städten fanden sich ausgedehnte Grünflächen. (user32212, Pixabay)

Beim Besuch eines städtischen Parks begegnen einem oftmals stattliche Bäume wie Sequoias, Eichen oder Platanen. Sie verraten uns, dass die grüne Stadtoase auf eine lange Geschichte zurückblickt.
Eine lange und spannende Geschichte hätte etwa der Beaulieu Park in Genf zu erzählen. Die Geschichte des Parks geht bis ins 17. Jahrhundert zurück. Seine zwei rund 25 Meter hohen Zedern sind schon fast 300 Jahre alt und müssen einst von Napoleon erblickt worden sein. Der französische Kaiser verweilte dort während seiner Reise nach Italien im Jahr 1800.  

Grünflächen im Stadtgebiet sind keineswegs nur eine Erscheinung der Neuzeit. Bereits im Mittelalter gab es zahlreiche Grünflächen inmitten des Stadtgebiets. Das Bild einer sehr dicht bebauten mittelalterlichen Stadt kann also nicht als repräsentativ angesehen werden. In den Hinter- oder Innenhöfen gab es oftmals Zier- oder Nutzgärten – Urban Gardening und Urban Farming sind demnach keine neue Phänomene. Es gab selbst grosse Ackerflächen innerhalb des Stadtgebiets.
Auch Ziergärten werden schon lange angelegt. Die alten Perser beispielsweise legten ab 500 v. Chr. mit Mauern umgebene Gartenoasen an, die durch schöne Blumen, Bäume und Brunnen verziert wurden. Die Assyrischen Könige legten bereits 1000 v. Chr. Landschaftsgärten an, die einer idealisierten Natur nachgebaut waren. Die Sehnsucht nach der Natur spiegelt sich auch in der Erzählung zu den bekannten hängenden Gärten von Babylon wieder: Weil die Gemahlin des persischen Königs Nebukadnezar II. das Leben auf dem Land vermisst habe, soll er die aufwendige Gartenanlage angelegt haben.
Die hängenden Gärten von Babylon sind ein beliebtes Beispiel für antike Dachbegrünungen. Viele wissen aber nicht, dass Dachbegrünungen in vielen antiken Kulturen zum normalen Stadtbild gehörten: Die Perser begrünten ihre in Stufen gebauten Tempel mit Sträuchern und Bäumen und dämpften so die starke Hitze. Aber auch im Römischen Reich und im alten Mexiko wusste man Dachgärten zu schätzen.

Ende des 19. Jahrhunderts kam die sogenannte Lebensreform auf. Die Bewegung gilt als Reaktion auf die Industrialisierung, den Materialismus und den Urbanismus. Man wünschte sich, wieder „zurück zur Natur“ zu kommen. Diese Strömung hatte auch Einfluss auf die Ideale von Stadtplanung und Wohnraum. Anfangs 20. Jahrhunderts entstanden in England und Deutschland diverse Pläne zur Errichtung sogenannter „Gartenstädte“. Diese sollten mehr Grünfläche haben als konventionelle Städte und sollten sich selber versorgen können.

Auch heute sind Grünflächen nach wie vor relevant. Mit dem Bevölkerungswachstum, der Städteverdichtung und dem Klimawandel wird uns der Wert dieser Flächen immer bewusster. Der Blick in die Geschichte zeigt: Wir müssen nicht unbedingt neue Ansätze entwickeln. Wir müssen Wege finden, um die bereits seit Jahrtausenden existierenden Ideen in unser heutiges Stadtbild zu integrieren.